Zeittumore

Skull - Freiburg, Deutschland (2016)

Moderne Apokalypse

 

Wetteifernd streitet der Katechismus der Pornographie

mit den siechenden Formen der Zeit,

sich selbstverwesend spielt des Menschen Animal-ie

mit dem Traum von einer Göttlichkeit.

 

Nackt sitzt Maria in der Abendröte,

die Schenkel spreizend aus deren Mitte Würmer kriechen.

Sabbernd streichelt Pan die Flöte,

während die Wölfe verdorrte Wälder riechen.

 

Auch Mammon tanzt zum Dämmerreigen,

wirft mit Münzen nach Horas Zitzen.

Der Sand gerät ins Schweigen

und die Jungfrauen ergeben sich dem Schwitzen.

 

Schneller muss das Pferd beschlagen werden,

um die Runden in der Arena abzustöhnen,

heuer muss die Welt zerrissen werden,

bevor die Kirchenglocken dröhnen.

 

Adam macht den Antrag an den Abgesang

und wünscht sich Schlaf in tiefen Särgen.

Rasend wurde Edens Fall zum Drang

die Rätsel in erregtem Wahn zu bergen.

 

Der Mystizismus verliert den Halt,

verfällt dem Taumel der erreichten Zeit,

in der der Wind nicht mehr durch Kinderohren hallt

und die Herzen von der Gefahr der Rationalität befreit.

 

Selbst die Skelette stoßen noch wild mit ihren Becken

und lecken Goldstaub aus der toten Erde,

um die Nachzeit zu beflecken

- vollführen noch des Menschen Machtgebärde.

 

Schweigen schweigt die Schweigenden in ihren Bann.

Träume träumen Träumende nicht mehr an.

 

Die Modellwelt tanzt ihre Anarchie.

Der Plastikmensch legt sich kalt zu Grabe.

 

(2012)

spidernet - Freiburg, Deutschland (2016)

Lachen

 

Kränkelnd scheint die Abendsonne,

wenn Abschaum spottend Mäuler reißt,

Sabber ziert die Gier der Wonne,

die in den Unglücksnacken beisst.

 

Schwadronen dröhnender Lachtiraden

höhnen den Schmerz der ihren,

bauen damit die Fassaden,

die ihr blankes, leeres Leben zieren.

 

Dahingegrunzt aus Schadenfreude,

obwohl die Schweine selbst vorm Schlachttor steh´n,

herausgebrüllt, weder Anstand noch Reue,

lassen diesen Abend traurig zu Ende geh´n.

 

Agápe den Todesstoss verpasst,

müde sinkend die Werte der Kulturen,

dem Spötter in euch gönnt ihr keine Rast,

und verkauft den Anstand wie die Huren.

 

Für ein Lächeln ist eure Grimasse schon zu schief,

traurig, dass niemand euch zurück zur Liebe rief.

Habt sie mit eurer Gier nach Schaulust geschunden,

jetzt ist sie im tiefen See der Völlerei ertrunken.

 

(2011)

 

Me, Prometheus! - Holzen (Kandern), Deutschland (2017)

Die Dämonie bleibt – Manie

 

Die Dämonie bleibt. Im Traume wie im Leben,

tanzt im Schatten, schweigend dem Moment ergeben,

der da kommt, um sie zu wecken,

wenn die Sklaven ihre alten Wunden lecken.

 

Kommt mit Raserei und Feuer,

nimmt mich mit die Höllenrösser reiten.

Zurück bleiben tote Erde,

verdorrte Blumen und der Gestank des Todes,

der in der Seele klebt und den Blick verschleiert.

 

Die Dämonie ist die Liebe, die mich vorwärts schlägt,

mich aus Stakkatogleichklang in Wasserfälle trägt,

mich in den Strudel stößt und mir den Kopf verdreht.

Lacht hämisch wie ein Alb, grinsend nachts auf meiner Brust.

 

Schenkt mir süße Ambrosia ein, gibt mir den Zucker des blutroten Weines,

der den Vampir in mir weckt,

das Kleid verdreckt und die Lust zum Wahnsinn werden lässt.

Genieße meine Euphorie - sie ist es, die mich ins Koma schlägt

und dich aus der Peripherie ins Leben trägt.

Mein kochendes Blut, das Feuer in den Venen,

meine Liebe zum Schmerz und zum Leben,

mein Überschwang, die Hingabe zur Ekstase,

der Schritt hinaus über die letzte Phrase

zeigen dir, dass du lebst

und mir, was mich quält:

 

„Nie die Sonne zu küssen

und den Mond zu streicheln,

nie die Sterne zu reiten

und das Meer zu teilen.

Nie den Kosmos zu ergründen

und ihn zu erfüllen mit meinen Sünden,

nie die Moleküle zu fassen

und sie einzeln zu vernaschen.

 

Nie Nathan den Weisen zu belehren

und ihm Reiskörner zu verwehren,

nie Aphrodites nackten Busen für mich allein zu haben

und nie mit ihr in der Milch der Cleopatra zu baden…“

 

… treibt mir den Dolch ins Herz

und lässt mich müde in die Kissen sinken,

wenn die Raserei beginnt zu hinken

- kraftlos droh ich zu ertrinken

in eurer Gleichklanggleichschrittseinheitswelt,

die mir verwehrt als nackter Pan im Walde rumzustreifen

und die Wunder zu verzerren, die an jedem Grashalm reifen.

 

Doch die Dämonie bleibt,

sie findet ihren Weg

und ich weiß, dass sie mich an bessre Orte trägt.

 

(2011)

vagabond - Schwarzwald, Freiburg (2016)

Der letzte Mensch

 

In vergessenen Stunden

erwacht das Trauma,

klopft leise an die Tür,

wenn ich nach Liebe schaue

und nur Nichts sehe.

Das Selbst zerfließt im Nebel,

die Suggestion wird eine Projektion

und ich, der Astronaut im Orbit,

findet sich auf dem Abstellgleis der Zeit.

Mein Name heißt noch Leben,

weil ich Angst habe,

nicht vor dem Tod,

nur vor der Einsamkeit.

Sie ist schon Aura und Äther,

Luft zum Atmen

und Ausdünstung aus den Poren.

Und ich, das kleinste Teilchen,

starre in die Galaxien,

die mich umgeben,

trage die Schwere ihrer Gleichgültigkeit

und erblicke die Grausamkeit des Unendlichen.

 

Ein vergessenes Gemälde in einem alten Haus.

Isolationshaft unter Vielen,

die meine Sprache nicht verstehen.

 

Der letzte Mensch.

 

(2012)

vagabond almost gone - Schwarzwald, Deutschland (2016)